Sondernewsletter: 5 Fragen zu den Trump‘schen Strafzöllen ...
Sondernewsletter: 5 Fragen zu den Trump‘schen Strafzöllen ...
12. April 2018
… beantwortet von Dr. Jörn-Christian Schulze, Partner bei ARQIS Rechtsanwälte.
Die USA haben am 8. März 2018 mittels eines durch US-Präsident Donald Trump unterzeichneten präsidentiellen Dekrets einseitige Strafeinfuhrzölle auf Stahl (25 %) und Aluminium (10 %) angekündigt. Diese sind am vergangenen Freitag in Kraft getreten. Zudem haben die USA angekündigt, Strafzölle auf rund 100 chinesische Produkte verhängen zu wollen.
Hier die Antworten auf die brennendsten Fragen:
Gegen wen richten sich die Strafzölle auf Stahl und Aluminium?
Zunächst richteten sich die Strafzölle weltweit gegen Unternehmen der Aluminimum- und Stahlindustrie, die in die USA exportieren. Ausgenommen waren nur die „Alliierten“ Mexiko, Kanada und Australien. Wirtschaftspolitisch war jedoch bereits klar, dass die Zölle nicht nur die großen Stahlproduzenten in Europa, sondern vor allem die in China und Indien treffen sollten. Am vergangenen Freitag kam dann die überraschende Nachricht, dass neben anderen mit den USA befreundeten Staaten, wie Südkorea, auch die EU von den Stahl- und Aluminiumzöllen vorerst bis zum 1. Mai 2018 ausgenommen sein würde. Diese Entscheidung kann nicht isoliert betrachtet werden. Sie steht klar mit den angekündigten Strafzöllen gegen China in Zusammenhang.
Welche Maßnahmen haben die USA gegen chinesische Unternehmen angekündigt?
Parallel zu den produktspezifischen Zöllen auf Stahl und Aluminimum hat Donald Trump schon länger öffentlich mit landesspezifischen Strafzöllen gegen China geliebäugelt. Am Freitag hat er sie dann angekündigt. Die USA werden Importzölle auf rund 100 Produkte aus China mit einem Importvolumen von etwa 60 Milliarden US-Dollar verhängen. Der Präsident hat seine Handelsberater mit der Ausarbeitung einer Liste mit den spezifischen Produkten und der Höhe der Zölle beauftragt. Die Höhe der Zölle soll den „Schaden ausgleichen“, den Chinas „unfaire“ Handelspolitik in den USA verursacht. In der Tat beträgt das US-Handelsdefizit mit China etwa 375 Milliarden US-Dollar.
Dies ist aber nur in geringen Teilen auf unfaire Handelspraktiken zurückzuführen (auch die EU hat in der Vergangenheit mehrfach Anti-Dumpingstrafzölle gegen China verhängt). Im Wesentlichen ist es darin begründet, dass US-Unternehmen seit Jahrzehnten aus Kostengründen Produktion und Back-Office-Funktionen nach China verlagern und Produkte nun einkaufen statt in den USA zu produzieren.
Interessanterweise sind Strafzölle aber nicht die einzige angekündigte Maßnahme gegen China. Die USA (wie auch die EU und insbesondere Deutschland) beklagen seit geraumer Zeit einen zu laxen Umgang mit dem Schutz geistigen Eigentums in China. Dieser Vorwurf ist nicht unberechtigt, aber gewiss nicht neu. Die USA ziehen dies nun als Begründung heran, Akquisitionen amerikanischer Unternehmen im Hochtechnologiebereich (etwa künstliche Intelligenz oder autonomes Fahren) durch chinesische Akteure zu untersagen. Hier ist Unmut auch in Europa spürbar.
So wurde etwa der Kauf deutscher Unternehmen wie Osram durch chinesische Investoren nach dem Außenwirtschaftsgesetz untersagt. Angeblich seien deutsche Sicherheitsinteressen betroffen gewesen. Die Wahrheit dürfte aber eher darin liegen, dass China den Erwerb seiner Unternehmen äußerst hart reguliert und in wichtigen Industrien faktisch ausschließt. Daher haben Italien und Frankreich einen Gesetzgebungsvorschlag für die EU eingebracht, der im Endeffekt die gleiche Stoßrichtung hat, wie die angekündigte Maßnahme der USA.
Warum verhängt Trump Strafzölle?
Die leise Hoffnung bleibt, dass Donald Trump vor allem innenpolitische Ziele treiben. Der einzig nennenswerte Erfolg seiner Präsidentschaft bislang ist eine Steuererleichterung vor allem für Unternehmen. Ansonsten ist er mit historisch schlechten Umfragewerten konfrontiert, die er schnell verbessern muss.
Am 6. November 2018 finden in den USA die sog. „Midterms“ statt, mit denen auslaufende Senats- und Repräsentantenhaussitze neu besetzt werden. Die Midterms sind traditionell (auch) eine Abstimmung über die Zufriedenheit mit dem amtierenden Präsidenten und seiner Partei. Mit den Strafzöllen erfüllt Donald Trump nun eines seiner Wahlversprechen und suggeriert, mit Strafzöllen Arbeitsplätze in der Stahlindustrie zurück in die USA holen zu können.
Anderseits verfolgen die USA zumindest mit den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium auch ein konkretes außenpolitisches Ziel. Donald Trump ist ein erklärter Gegner multinationaler (Handels-)Verträge. Die Verhandlungen zum sog. TTIP-Vertrag mit der EU hat er abgebrochen; die Beteiligung der USA am ostasiatischen Handelsabkommen TPP hat er bereits aufgekündigt. Sein Ziel ist, einzelne Staaten in bilaterale Verhandlungssituationen zu bringen, in denen er die wirtschaftliche Stärke der USA „einsgegen-eins“ ausspielen kann. Dies ist auch der wahre Grund, warum Mexiko und Kanada von Anfang an von den Strafzöllen ausgenommen waren. Mit beiden Nationen verhandeln die USA derzeit eine Erneuerung des nordamerikanischen Handelsabkommen NAFTA.
Da beide Länder auch große Stahlproduzenten sind, wird eine Aufhebung der Strafzölle ein geeignetes Druckmittel in diesen Verhandlungen sein. Auch die Erleichterung für die EU bis zum 1. Mai 2018 ist von dieser Motivation getragen. Donald Trump möchte Handelsbedingungen verhandeln. Bei Südkorea hat es bereits funktioniert.
Wie wird China auf die Strafzölle reagieren?
Zunächst ist festzuhalten, dass China – ähnlich wie die EU als sie sich mit den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium konfrontiert sah – angekündigt hat, zwar entschlossen, dennoch aber besonnen zu reagieren. Die EU hatte Strafzölle in geringen Umfang (etwa EUR 3 Mrd. Importvolumen) auf sehr selektive Produkte ins Spiel gebracht. Den USA (und letztlich auch den europäischen Verbrauchern) sollte weniger wirtschaftlich geschadet werden, als deutliche innenpolitische Signale in die USA gesendet werden.
Für Strafzölle in Betracht gezogen wurden etwa Whiskey und Harley Davidson Motorräder. So sollte Kentucky getroffen werden, da der Whiskey produzierende Staat die Heimat des republikanischen Mehrheitsführers im Senat Mitch McConnel ist. Der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus Paul Ryan kommt aus Wisconsin, wo Harley Davidson seinen Firmensitz hat. Auch China droht nun – ebenfalls in der Höhe recht moderat (USD 3 Mrd.) – Gegenzölle an. Allerdings wird China einen anderen Plan als die EU verfolgen müssen. Die geplanten Strafzölle gegen die EU trafen auf enormen innenpolitischen Gegenwind in den USA, und zwar sowohl auf demokratischer wie republikanischer Seite.
Dies sieht im Fall Chinas gänzlich anders aus. Auch hier gibt es natürlich Stimmen, die vor einem Handelskrieg waren. Allerdings ist den meisten Amerikanern China kein unliebsames Ziel. Daher dürften Chinas Gegenzölle, sofern sie denn verhängt werden, eher als deutliches Warnsignal verstanden werden. China ist einer der größten Kunden der amerikanischen Landwirtschaft. Die geplanten Strafzölle etwa auf Nüsse dürften andeuten, wie sich breiter gestreute Zölle in dem Bereich anfühlen würden.
Wie geht es weiter?
Zunächst ist davon auszugehen, dass die einstweilige Aussetzung der Strafzölle für Europa kein altruistischer Akt der USA war. Vielmehr zeigt sich, dass Donald Trump die große Konfrontation (noch) scheut; sprich er einen „Handelszweifrontenkrieg“ mit den anderen beiden größten Märkten der Welt vorerst vermeiden möchte. Es bleibt zudem abzuwarten, wie die geplanten Strafzölle gegen China später konkret aussehen werden. Im Fall der Stahl und Aluminiumzölle ist Donald Trump auch teilweise zurückgerudert. Bei einer Verhängung von Zöllen hat China bereits angekündigt, das Schiedsgericht der Welthandelsorganisation („WTO“) anzurufen. Hier zeigt sich, dass die Ausnahme der EU von den „Stahlzöllen“ ein recht geschickter Schachzug war. Eine gemeinsame Klage der EU und Chinas hätte noch einmal sehr viel deutlicher die Isolation der USA in dieser Frage gezeigt.
Europa sollte nach seiner „Verschonung“ von Strafzöllen vor allem der Versuchung widerstehen, nun gemeinsam mit den USA den „Handelsaggressor“ China anzugehen. Natürlich müssen die unzweifelhaft mit Peking bestehenden Schwierigkeiten angegangen werden. Aber die USA sind derzeit ein im besten Fall unzuverlässiger, wenn nicht erratischer Partner. Vielleicht sollte man sich eher ein Beispiel an Ostasien nehmen. Nachdem Donald Trump angekündigt hat, am ostasiatischen Handelsabkommen TPP nicht teilzunehmen, kam es ohne die USA zu Stande. Die USA sind ein großer und wichtiger Markt, aber nicht der einzige. Wenn die WTO nicht mehr genug Druck ausüben sollte, da die USA ihre Regeln ignorieren, so sollte der Rest der Welt besonnene und elegante, aber deutliche Maßnahmen finden, um den USA zu zeigen, dass Isolation in der heutigen globalisierten Welt keine Vorteile hat.
Ebenso muss die EU der Versuchung widerstehen, den USA nun einseitige Zugeständnisse zu machen. Damit würde sie Donald Trump nur in die Hände spielen und ihn in seinem Vorgehen stärken. Zudem müssten alle Zugeständnisse, die den USA gewährt werden nach dem sog. „Meistbegünstigungsgrundsatz“ der WTO allen 163 Mitgliedsstaaten gewährt werden. Und da ist es wie bei einer erfolgreichen Erpressung: Aus der Situation kommt man nie wieder raus…
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Am 9. März äußerte sich Dr. Jörn-Christian Schulze auch gegenüber dem Sender n-tv zu den US-Strafzöllen. Das Interview wurde im Rahmen des News Spezials „Trump – Der Unberechenbare“ ausgestrahlt und ist hier abrufbar.
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