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Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz/Strompreisbremsen-gesetz

28. Februar 2023

Um Unternehmen von den stark gestiegenen Energiekosten zu entlasten, hat die Bundesregierung noch im alten Jahr zwei Gesetze auf den Weg gebracht. Das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (StromPBG) und das Gesetz zur Einführung einer Erdgas-Wärme-Preisbremse (EWPBG) bieten Entlastungsmöglichkeiten für das gesamte Jahr 2023, mit Verlängerungsmöglichkeit bis zum 30. April 2024.

Unternehmen, die diesen Entlastungsmechanismus in Anspruch nehmen möchten, müssen sich unter bestimmten Voraussetzungen zum Erhalt von Arbeitsplätzen verpflichten („Arbeitsplatzerhaltungspflicht“, vgl. § 29 EWPBG sowie wortgleich § 37 StromPBG). Zudem dürfen sie unter bestimmten Umständen keine Dividenden und Boni auszahlen („Boni- und Dividendenverbot“, vgl. § 29a EWPBG sowie wortgleich § 37a StromPBG).

Was es für Unternehmen im Einzelnen zu beachten gilt, fassen wir in diesem Blog-Beitrag zusammen.

Arbeitsplatzerhaltungspflicht

Unternehmen können eine Entlastungssumme von insgesamt mehr als 2 Mio. Euro beziehen, wenn sie sich verpflichten, entweder durch eine Beschäftigungssicherungsvereinbarung oder eine Selbstverpflichtungserklärung Arbeitsplätze bis zum 30. April 2025 zu erhalten. Die Entlastungsbeiträge nach dem StromPBG und dem EWPG werden dabei addiert. Bei verbundenen Unternehmen gilt diese Pflicht für jedes einzelne Unternehmen, es erfolgt keine Konzernbetrachtung.

Der Abschluss dieser Vereinbarung/Erklärung ist bis zum 15. Juli 2023 bei der zuständigen Prüfbehörde nachzuweisen. Ist der Nachweis bis zum Ablauf der Frist nicht erbracht, wird die Entlastungssumme auf einen Beitrag von EUR 2 Mio. gekürzt oder bei bereits erfolgter Auszahlung zurückgefordert

Beschäftigungssicherungsvereinbarung

Die Beschäftigungssicherungsvereinbarung kann als Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag abgeschlossen werden. Sie muss eine Laufzeit bis mindestens zum 30. April 2025 haben.

Gegenüber der Selbstverpflichtungserklärung hat die Beschäftigungssicherungsvereinbarung Vorrang, das heißt: Das Unternehmen muss bei Bestehen eines Betriebsrats zunächst versuchen, eine Beschäftigungssicherungsvereinbarung abzuschließen; erst dann darf es zum Mittel der Selbstverpflichtungserklärung greifen.

Der Gesetzgeber begründet dieses Primat der Beschäftigungssicherungsvereinbarung mit der Kompetenz und dem verfassungsrechtlich garantieren Recht der Tarif- und Betriebsparteien, Vereinbarungen über den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zu treffen. Weiterhin erläutert er, dass sich die Initialisierung und Durchsetzung dieser kollektiven Vereinbarungen nach den einschlägigen Regelungen richtet, d.h. insbesondere nach dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Tarifvertragsgesetz (vgl. BT-Drs.- 20/4685, S.111). Anders als bei der Selbstverpflichtungserklärung – bei der eine 90 %- Quote gilt (vgl. dazu nachfolgend) – besteht somit ein weiter Gestaltungsspielraum, in dem die Parteien frei über die Anzahl der zu erhaltenden Arbeitsplätze entscheiden können.

Scheitert der Versuch eine Beschäftigungssicherungsvereinbarung abzuschließen, muss das Unternehmen dies gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich begründen und dabei auch die Stellungnahmen der Verhandlungsparteien über die Gründe des Nichtzustandekommens der Betriebsvereinbarung oder des Tarifvertrags vorlegen. Laut Gesetzesbegründung ist die Vorlage entsprechender Stellungnahmen allerdings keine verbindliche Vorgabe, da „hiermit kein Druckmittel in den oder zu Verhandlungen geschaffen werden soll, um nicht in die Tarifautonomie einzugreifen“ (vgl. BT-Drs. 20/4685, S. 111). Gedeckt ist dies vom Wortlaut der §§ 29 EWPBG, 37 StromPBG nicht, so dass eine gewisse Rechtsunsicherheit bleibt, zumal die Begründung nur teilweise überzeugt. In der Praxis dürfte mit Verweis auf die Gesetzesbegründung die Gewährung von Entlastungsbeiträgen wohl aber nicht an der Nichtvorlage dieser Stellungnahmen scheitern.

Selbstverpflichtungserklärung

In der Selbstverpflichtungserklärung bestätigt das Unternehmen gegenüber der Belegschaft und gegenüber der Prüfbehörde, dass bis zum 30. April 2025 eine Belegschaft erhalten bleibt, die mindestens 90% der am 1. Januar 2023 vorhandenen Arbeitsplätze in Vollzeit entspricht. Bei der Berechnung der Vollzeitbeschäftigten zum 1. Januar soll der Belegschaftsbegriff breit ausgelegt werden, sodass beispielsweise auch die regelmäßig überlassenen Leiharbeitnehmer mitgezählt werden müssen (vgl. BT-Drs. 20/4685, S. 111).

Nachweispflichten und Rückforderungsansprüche

Bis zum 15. Juli 2023 muss das Unternehmen den Abschluss einer Beschäftigungssicherungsvereinbarung oder einer Selbstverpflichtungserklärung nachweisen. Erfolgt dieser Nachweis nicht, ist der Anspruch auf eine Gesamtentlastungssumme aus dem StromPBG und dem EWPBG auf 2 Mio. Euro begrenzt.

Im Fall der Selbstverpflichtungserklärung muss das Unternehmen einen durch den Abschlussprüfer testierten Nachweis über die Arbeitsplatzerhaltung erbringen, und zwar in zumutbaren zeitlichen Abstand nach dem 30. April 2025, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 2025. (vgl. §§ 29 Abs. 3 EWPBG, 37 Abs. 3 StromPBG).

Unterschreitet das Unternehmen die Zahl der zu erhaltenden Arbeitsplätze – entgegen seiner formal wirksamen und rechtzeitig vorgelegten Verpflichtung – soll die Prüfbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen die gewährte Entlastung, die 2 Mio. Euro übersteigt, ganz oder teilweise zurückfordern. Dabei hat die zuständige Behörde im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens insbesondere zu berücksichtigen:

  • die Höhe der Unterschreitung der zugesicherten Arbeitsplätze (vgl. §§ 29 Abs. 4 Nr. 1 EWPBG, 37 Abs. 4 Nr. 1 StromPBG),
  • den Bestand von Arbeitsverhältnissen bei Umwandlungen oder Betriebsübergängen nach § 613a BGB (vgl. §§ 29 Abs. 4 Nr. 2 EWPBG, 37 Abs. 4 Nr. 2 StromPBG) und
  • Investitionen, die mindestens 50 % des Förderbetrags ausgleichen. (vgl. §§ 29 Abs. 4 Nr. 3 EWPBG, 37 Abs. 4 Nr. 3 StromPBG)

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einer Unterschreitung der 90 %-Quote der Rückforderungsbetrag mindestens 20 % des nach dem jeweiligen Gesetz gewährten Förderbetrag betragen und eine vollständige Rückforderung bei einer Unterschreitung von mehr als 50 % erfolgen soll. Sofern das Unternehmen bis zum 30. April 2025 den Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt oder ins Ausland verlagert hat, soll ebenfalls eine vollständige Rückforderung erfolgen (vgl. BT-Drs. 20/4685, S. 112).

Die genannten Investitionen, die die Rückforderung des gewährten Förderbeitrags bis zu einer Höhe von 50 % ausgleichen können, müssen aus dem Bereich der Transformation, Klima- und Umweltschutz oder der Energieversorgungssicherheit stammen.

Boniverbot und Deckelung der Grundvergütung

Für Unternehmen, die Entlastungen in Anspruch genommen und dabei bestimmte Schwellenwerte (25 Mio. Euro und 50 Mio. Euro) überschritten haben, sehen die Gesetze auch die Einschränkung von Boni-Zahlungen bis hin zu einem vollständigen Boni-Verbot sowie eine Deckelung der Grundvergütung vor.

Angesichts der hohen Schwellenwerte und der rechtlichen Anforderungen, die für den Erhalt von Entlastungssummen dieser Größenordnung bestehen, dürften dies Einschränkungen allerdings nur wenige Unternehmen betreffen. Hinzu kommt, dass Anpassungen bereits getroffener (Boni-)Vereinbarungen in vielen Fällen ohnehin nur durch einvernehmliche Lösungen mit den betroffenen Geschäftsleitern und Mitgliedern von Aufsichtsratsorganen bewirkt werden könnten.

Boni-Einschränkung bei Entlastung über 25 Mio. bis 50 Mio. Euro

Unternehmen, die insgesamt eine Entlastungssumme von über 25 Mio. Euro beziehen (Entlastungen nach dem Soforthilfegsetz werden hierbei nicht berücksichtigt), dürfen den Mitgliedern ihrer Geschäftsleitung sowie Mitgliedern von gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsorganen des Unternehmens für das Jahr 2023 keine Boni oder vergleichbaren variablen Vergütungsbestandteile zahlen, die jeweils nach dem 1. Dezember 2022 vereinbart oder beschlossen worden sind.

Mit dem Begriff des „Gewährens“ ist die Auszahlung eines Betrages oder das Zukommenlassen eines anderen wirtschaftlichen Vorteils gemeint. Dabei sind grundsätzlich alle Leistungen eingeschlossen, die sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 beziehen, wobei dies auch für Auszahlungen nach dem 31. Dezember 2023 gilt, da andernfalls das Verbot bei einer Verschiebung der Auszahlung ins Leere laufen würde. (vgl. BT-Drs. 20/4911, S. 127).

Dabei ist von einem weiten Verständnis variabler Vergütungsbestandteile auszugehen, d.h. neben den in § 87 Abs. 1 Satz 1 des Aktiengesetzes genannten Komponenten sollen auch virtuelle und nicht-virtuelle Anreizstrukturen wie Restricted Stock Units oder Phantom Stocks erfasst sein.

Erfasst werden zudem nach dem 1. Dezember 2022 vereinbart Erhöhungen variabler Vergütungen sowie freiwillige Vergütungen und Abfindungen.

Boni-Verbot bei Entlastung über 50 Mio. Euro

Bei einer Entlastungssumme von mehr als 50 Mio. Euro dürfen gemäß §§ 29a Abs. 4 EWPBG, 37a Abs. 4 StromPBG überhaupt keine Boni gezahlt werden, also auch nicht solche die bis zum 1. Dezember 2022 für das Jahr 2023 vereinbart wurden.

Deckelung der Grundvergütung

Darüber hinaus sehen die Regelungen für das Jahr 2023 ein Einfrieren der Grundvergütung auf den Stand vor dem 1. Dezember 2022 vor; ausgenommen sind inflationsausgleichsbedingte Anpassungen. Bei Personen, die nach dem 1. Dezember 2022 Mitglied der Geschäftsleitung geworden sind oder werden, gilt als Obergrenze die Grundvergütung von Mitgliedern der Geschäftsleitung derselben Verantwortungsstufe drei Monate vor dem 1. Dezember 2022.

Dividendenverbot

Gemäß §§ 37a Abs. 5 StromPBG, 29a Abs. 5 EWPBG darf ein Unternehmen, das eine Entlastungssumme von über 50 Mio. Euro bezieht, grundsätzlich keine Dividenden oder sonstigen vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldeten Gewinnausschüttungen leisten. Anders als bei der Auszahlung von Boni ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber ein Nachholen der Gewinnausschüttung in Folgejahren für zulässig hält.

Verzicht auf Förderung von über 25 Mio. Euro („Opt-Out“)

Unternehmen können durch eine formlose Erklärung gegenüber der Prüfbehörde bis zum 31. März 2023 erklären, dass sie eine Förderung mit einer Entlastungssumme über 25 Mio. Euro nicht in Anspruch nehmen werden, um die Einschränkungen und Verbote bei Boni, Grundgehältern und Dividenden zu vermeiden.

Der Gesetzgeber begründet dies mit dem wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrecht. der Unternehmen. Er weist zudem darauf hin, dass eine „Opt-Out“- Erklärung auch dergestalt erfolgen kann, dass die Förderung in Summe nicht mehr als EUR 25 Mio. betragen soll. Dabei sind auch Kombinationen aus der Förderung nach Strom-, Gas- und Wärmepreisbremse oder der vollständige Verzicht auf die Förderung aus einer Bremse möglich, solange die Förderung nicht mehr als 25 Mio. Euro beträgt. In diesem Fall würde die Förderung nach Strom-, Gas- und Wärmepreisbremse so berechnet, dass dieser Wert genau erreicht, aber nicht überschritten wird (BT-Drs. 20/4911, S. 127).

 

Autor: Dr. Hendrik von Mellenthin, LL.M.

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