Das europäische Lieferkettengesetz kommt –
jetzt doch

22. März 2024

Teil 2: Über den Kompromiss vom 15.03.2024

Am 15.03.2024 wurde die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) im Rat beschlossen. Vorausgegangen waren monatelange Verhandlungen. Die bisherige Fassung wurde – insbesondere durch Deutschland und Italien – erheblich abgeschwächt. In Teil 2 unserer Blogreihe zur CSDDD geben wir einen Überblick über den Kompromiss des Europäischen Rates vom 15.03.2024 und welche Auswirkungen sich hieraus ergeben:

I. Anwendungsbereich: Deutliche Abschwächung der bisherigen Entwurfsfassungen

Nach dem Kompromiss sind nun folgende Unternehmen von der CSDDD betroffen:

 

  1. EU-Unternehmen:
    1. EU-Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von über 450 Mio. EUR (Art. 2 Abs. 1 lit. a CSDDD-E);
    2. EU-Unternehmen, die selbst nicht diese Schwellenwerte erfüllen, die aber die oberste Muttergesellschaft eines EU-Unternehmen sind, dass die Schwellenwerte erfüllt (Art. 2 Abs. 1 lit. b CSDDD-E);
    3. EU-Unternehmen, die eine Franchise- oder Lizenzvereinbarung in der EU geschlossen haben, mit Lizenzgebühren von über 22,5 Mio. EUR und einem weltweiten Nettoumsatz von über 80 Mio. EUR (Art. 2 Abs. 1 lit. c CSDDD-E). 
  2. Nicht-EU-Unternehmen:
    1. Nicht-EU-Unternehmen, die innerhalb der EU einen jährlichen Netto-Umsatz von über 450 Mio. EUR erzielt haben (Art. 2 Abs. 2 lit. a CSDDD-E);
    2. Nicht-EU-Unternehmen, die selbst nicht diese Schwellenwerte erfüllen, die aber die oberste Muttergesellschaft eines Nicht-EU-Unternehmen sind, dass den Schwellenwert erfüllt (Art. 2 Abs. 2 lit. b CSDDD-E);
    3. Nicht-EU-Unternehmen, die eine Franchise- oder Lizenzvereinbarung in der EU geschlossen haben, mit Lizenzgebühren von über 22,5 Mio. EUR und einem weltweiten Nettoumsatz von über 80 Mio. EUR (Art. 2 Abs. 2 lit. c CSDDD-E).

Die Schwellenwerte gelten nur, wenn die Umsatzwerte fortlaufend in den letzten zwei Jahren erzielt wurden (Art. 2 Abs. 3a CSDDD-E, Erwägungsgrund 21). Außerdem sieht die Richtlinie neuerdings eine stufenweise Einführung der Richtlinie vor (Art. 30 Abs. 1 CSDDD-E):

  1. 3 Jahre Umsetzungsfrist: Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und 1,500 Milliarden EUR Umsatz,
  2. 4 Jahre Umsetzungsfrist: Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und 900 Millionen EUR Umsatz,
  3. 5 Jahre Umsetzungsfrist: Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und 450 Millionen EUR Umsatz.

Es handelt sich um eine deutliche Verkürzung des Anwendungsbereichs gegenüber dem bisherigen Entwurf. Die Schwellenwerte wurden in erheblichem Maße angehoben und die strenge Einbeziehung sogenannter „Risikobranchen“ ist entfallen. Damit ist der Anwendungsbereich nun nicht mehr strenger, sondern weniger streng als der des deutschen LkSG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 2, Satz 3 LkSG). Es ist zu erwarten, dass der deutsche Gesetzgeber seine bisherigen Vorgaben dennoch beibehält und sich die Verkürzung des Anwendungsbereichs nicht begünstigend auswirken wird.

II. Pflichten für Unternehmen nach der neuen CSDDD-E
  1. Berichtspflicht, Art. 11 CSDDD-E
    Unternehmen müssen einer jährlichen Berichtspflicht nachkommen, welche vorsieht, dass auf der Unternehmenswebseite dargelegt wird, wie das Unternehmen seine Sorgfaltspflichten erfüllt (Art. 11 Abs. 1 CSDDD-E). Die Kommission wird bis 2027 einen delegierten Rechtsakt erlassen, der die konkreten Inhalte der Veröffentlichung vorgibt (Art. 11 Abs. 3 CSDDD-E).
    Gut für Unternehmen: Die EU beabsichtigt, eine Doppelbelastung zu vermeiden: Kommt das Unternehmen bereits einer Berichtspflicht nach der CSRD nach, so ist es von der Berichtspflicht nach der CSDDD befreit (Art. 11 Abs. 2 CSDDD-E).
  2. Erstellung eines Klimaschutzplans, Art. 15 CSDDD-E
    Für den Klimaschutz ist unter anderem die Erstellung eines Übergangsplans für das Unternehmen vorgesehen, in welchem es Maßnahmen zum Klimaschutz darlegen muss (Art. 15 CSDDD-E). Unternehmen, die bereits die Berichtspflichten des CSRD erfüllen, sind von dieser Pflicht befreit (Art. 15 Abs. 3 CSDDD-E). Der Plan hat konkrete Zielvorgaben bis 2030 bzw. 2050 für die Emissionsreduzierung vorzusehen, die Dekabonisierungsmaßnahmen zu benennen, den dafür erforderlichen Finanzierungsrahmen darzulegen und die Rolle der Managements und Überwachungsebene zu erklären (Art. 15 Abs. 1 lit. a-lit. d CSDDD-E, Erwägungsgrund 50). Eine Aktualisierung des Plans und eine Darlegung eingelegter Schritte hat jährlich zu erfolgen (Art. 15 Abs. 3a CSDDD-E).
  3. Weitere Pflichten
    Der weitere Pflichtenkatalog der CSDDD ist mit dem des deutschen LkSG vergleichbar und weist keine erheblichen Neuheiten auf (Art. 4 Abs. 1 CSDDD-E; § 3 Abs. 1 LkSG).
III. Mögliche Sanktionen bei Nichteinhaltung der Pflichten nach der CSDDD-E
  1. Neu: Zivilrechtliche Haftung
    Die Richtlinie sieht eine Reihe an Sanktionsinstrumenten für den Fall der Nichterfüllung vor. In Abweichung zum deutschen Lieferkettengesetz statuiert die Richtlinie eine zivilrechtliche Haftung für die Fälle in denen ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig seine Sorgfaltspflichten zur Verhinderung, Minimierung und Beendigung von potenziellen Menschenrechts- oder Umweltauswirkungen verletzt hat und der Person dadurch ein Schaden entstanden ist (Art. 22 Abs. 1,  Art. 7, Art. 8 CSDDD-E). Im Falle einer Schadensverursachung durch mehrere Wirtschaftsakteure, haften sie als Gesamtschuldner (Art. 22 Abs. 3 CSDDD-E). Die Haftung muss mindestens 5 Jahre bestehen, sodass Betroffene hinreichend Zeit gewährt zusteht von ihren Rechten Gebrauch zu machen (Art. 22 Abs. 2a CSDDD-E, Erwägungsgrund 56 und 58d).
  2. Weitere Sanktionen
    Darüber hinaus kann ein Bußgeld bis zu einer Höhe von 5% des weltweiten Nettoumsatzes ergehen und Verstöße können öffentlich bekannt gemacht werden („naming and shaming“) (Art. 20 Abs. 2a CSDDD-E). Der Erhalt eines Bußgeldes wird ebenfalls dokumentiert und für 5 Jahre öffentlich einsehbar sein (Art. 20 Abs. 4 CSDDD-E). Demgegenüber sieht das deutsche Lieferkettengesetz gegenwärtig (nur) der Erlass eines Zwangsgeldes bis zu einer Höhe von 50.000 EUR (§ 23 LkSG) sowie die Belastung mit einem Bußgeld in Höhe von maximal bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes vor (§ 24 LkSG). Auch ist ein Ausschluss vom Vergabeverfahren möglich (§ 22 LkSG).
VI. Fazit

Der Anwendungsbereich der CSDDD wurde durch den Kompromiss am 15.03.2024 deutlich verkürzt, sodass nun erheblich weniger Unternehmen davon erfasst werden. Der betroffene Unternehmenskreis wird sich nach dem gegenwärtigen Stand in Deutschland voraussichtlich nicht erweitern, da der Kompromiss nun einen weniger strengen Anwendungsbereich als das deutsche LkSG vorsieht. Dafür kommt als neues Sanktionsinstrument eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen hinzu, die vorsätzlich oder fahrlässig ihre Sorgfaltspflichten nach der CSDDD verletzten. Der Richtlinienentwurf muss nun noch im EU-Parlament beschlossen werden, womit im Laufe des Frühjahrs zu rechnen ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es dort erneut zu Änderungen kommen wird. Die Richtlinie muss sodann noch in das nationale Recht umgesetzt werden, weswegen frühestens 2025 mit ihren unmittelbaren Auswirkungen in Deutschland zu rechnen ist.

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