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Die CSRD kommt

09. Oktober 2023

… UND BETRIFFT MEHR UNTERNEHMEN ALS GEDACHT: NACHHALTIGKEITSBERICHTSPFLICHTEN FÜR KOMMUNALE UNTERNEHMEN

Im Rahmen des EU-Green Deals hat sich die EU zum Ziel gesetzt, die europäische Wirtschaft zu transformieren und auf Nachhaltigkeit auszurichten. Um dieses Ziel zu erreichen, nutzt die EU sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Instrumente und initiiert derzeit umfangreiche Regulierungsvorhaben in zahlreichen Bereichen. Im Zuge dessen hat die EU mit der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (Richtlinie (EU) 2022/2464 – “CSRD”) auch neue und weitreichende Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen eingeführt. Bislang gehen Schätzungen davon aus, dass statt den bislang ca. 550 Unternehmen, die bis jetzt zu Nachhaltigkeitsberichten verpflichtet sind, bald ca. 15.000 Unternehmen in Deutschland betroffen sein werden. Doch bei dieser Schätzung wurden die vielen kommunalen Unternehmen vergessen – denn mittelbar werden diese, unabhängig von ihrer Größe, unter die Vorgaben der CSRD fallen. Diese mittelbare Betroffenheit ist dabei den kommunalen Unternehmen oft noch nicht bewusst.

 

  1. Die CSRD – Neue Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen
    Zum 05.01.2023 ist die am 27.11.2022 verabschiedete CSRD in Kraft getreten, die nun bis zum 06.07.2024 in nationales Recht umzusetzen ist. Auch wenn die konkrete Ausgestaltung durch den deutschen Gesetzgeber noch nicht bekannt ist, so ist jetzt schon gewiss, dass mit der CSRD die Nachhaltigkeitsberichtpflichten von Unternehmen deutlich ausgeweitet werden. So waren bislang durch die Vorgängerrichtlinie, die Non-Financial Reporting Directive (Richtlinie 2014/95/EU – „
    NFRD“), nur wenige Unternehmen zu Nachhaltigkeitsberichten verpflichtet. Das wird sich nun ändern. Mehr Unternehmen werden verpflichtet und auch der Inhalt der Berichtspflichten wird ausgeweitet.Kernstück der neuen Berichtspflicht unter der CSRD ist dabei das Prinzip der „doppelten Wesentlichkeit“ („Double Materiality“). Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Pflicht für Unternehmen, darzustellen, wie sich einerseits Nachhaltigkeitsaspekte auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens auswirken („Outside-In“) und wie sich andererseits Unternehmensaktivitäten auf Nachhaltigkeitsaspekte auswirken („Inside-Out“). Aus der CSRD ergibt sich somit für Unternehmen die Pflicht, ihr Geschäftsmodell zu beschreiben und dabei insbesondere den Fokus zu legen auf die Widerstandsfähigkeit, die Risiken und die Chancen des Unternehmens im Hinblick auf Nachhaltigkeitsbelange.
  2. Wer ist von der CSRD betroffen?
    Bislang erfolgten neben freiwilligen Initiativen Nachhaltigkeits-Berichte vor allem auf Grundlage der NFRD, in Deutschland im März 2017 umgesetzt durch das „CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz“. § 289b Abs. 1 HGB legt dabei fest, dass Unternehmen Nachhaltigkeits-Berichte abgeben müssen, wenn sie die folgenden drei Voraussetzungen erfüllen: (1) Kapitalgesellschaften, die „groß“ im Sinne des § 267 HGB sind, (2) kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB sind und (3) im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Die CSRD sieht nun eine stufenweise Ausweitung des Adressatenkreises für Nachhaltigkeitsberichtenpflichten vor:

    1. Für Geschäftsjahre beginnend ab dem 01.01.2024: Kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungen mit min. 500 Mitarbeitern und min. 40 Mio. EUR Umsatzerlöse oder min. 20 Mio. EUR Bilanzsumme (Art. 5 Abs. 2 lit. a CSRD);
    2. für Geschäftsjahre beginnend ab dem 01.01.2025: Große Unternehmen, die min. 2 der 3 folgenden Kriterien erfüllen: Min. 250 Mitarbeiter, min. 40 Mio. EUR Umsatzerlöse, min. 20 Mio. EUR Bilanzsumme (Art. 5 Abs. 2 lit. b CSRD);
    3. für Geschäftsjahre beginnend ab dem 01.01.2026: kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die börsennotiert sind, deren Wertpapiere also an der Börse gehandelt werden (Art. 5 Abs. 2 lit. c CSRD).Für Geschäftsjahre beginnend ab 01.01.2024 ändert sich somit der Adressatenkreis zunächst kaum, nur die Pflichten für die Adressaten werden erweitert. Ab dem 01.01.2025 werden dann auch kleinere Unternehmen von der CSRD betroffen sein.Für Geschäftsjahre beginnend ab 01.01.2024 ändert sich somit der Adressatenkreis zunächst kaum, nur die Pflichten für die Adressaten werden erweitert. Ab dem 01.01.2025 werden dann auch kleinere Unternehmen von der CSRD betroffen sein. 
  3. Auswirkungen auf kommunale Unternehmen
    Über diesen sich direkt aus der Richtlinie ergebenden Adressatenkreis hinaus wird die CSRD aber auch mittelbar Auswirkungen auf viele kommunale Unternehmen haben.Kommunale Unternehmen fallen zunächst nicht unter die KMU-Definition der EU. Denn hier greift eine Ausnahme für Unternehmen, die in staatlicher Hand sind: Nach der gültigen KMU-Definition (u.a. in Art. 3 Nr. 4 des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 651/2014) gelten Unternehmen nicht als KMU, wenn min. 25 % ihres Kapitals oder ihrer Stimmrechte direkt oder indirekt von einer oder mehreren Stellen des öffentlichen Rechts kontrolliert werden. Zudem gilt die CSRD auch nur für börsennotierte KMU, das trifft auf kleine und mittlere kommunale Unternehmen selten zu.
     
    Allerdings werden kleine und mittlere kommunale Unternehmen mittelbar von der CSRD betroffen sein, weil kommunalwirtschaftsrechtliche Vorgaben wie in NRW § 108 Nr. 8 GO NRW, § 114a Abs. 10 GO NRW oder § 21 EigVO NRW auf das 3. Buch des HGB verweisen und verlangen, dass kommunale Unternehmen das 3. Buch einhalten. Die CSRD-Vorgaben sind bisher noch nicht im HGB umgesetzt, aber die Umsetzung der Vorgängerrichtlinie NFRD ist dort in §§ 289b f. HGB geregelt. Sollte also auch die CSRD im 3. Buch des HGB umgesetzt werden, wovon auszugehen ist, dürfte das für kommunale Unternehmen zu einer beachtenswerten Pflicht führen. Denn dann wird der Anwendungsbereich dieser HGB-Vorschriften ab dem 01.01.2025 auf große Kapitalgesellschaften ausgeweitet. Durch die Verweisung aus der GO NRW sind die Vorschriften für große Kapitalgesellschaften (u.a. §§ 289 ff. HGB) damit für viele kommunale Unternehmen zu beachten.

    1. Für privatrechtlich organisierte kommunale Unternehmen gilt § 108 Abs. 1 Nr. 8 GO NRW. Danach ist für diese Unternehmen zu gewährleisten, dass Jahresabschluss und Lagebericht „in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften aufgestellt und geprüft werden“. Das bedeutet, dass für alle kommunalen Unternehmen unabhängig von ihrer Größe die Prüfungsstandards für große Kapitalgesellschaften verbindlich vorgeschrieben sind. Das umfasst auch die Pflicht zur nichtfinanziellen Erklärung nach §§ 289b, 289c HGB.Auch in Anstalten des öffentlichen Rechts und bei Eigenvertrieben in NRW werden wohl über die Verweise in § 114a Abs. 1 GO NRW und § 21 EigVO NRW die Berichtspflichten von großen Kapitalgesellschaften nach dem 3. Buch des HGB Beachtung finden.
    2. Auch in Anstalten des öffentlichen Rechts und bei Eigenvertrieben in NRW werden wohl über die Verweise in § 114a Abs. 1 GO NRW und § 21 EigVO NRW die Berichtspflichten von großen Kapitalgesellschaften nach dem 3. Buch des HGB Beachtung finden.
    3. Auf Grundlage dieser gesetzlichen Vorgaben sind zudem in vielen kommunalen Satzungen und Gesellschaftsverträgen Verweise auf die §§ 289 ff. HGB aufgenommen. Auch durch diese Verweise könnten kleinere Unternehmen Nachhaltigkeitspflichten nach der CSRD zu erfüllen haben.

Sofern also kommunalwirtschaftsrechtliche Vorgaben, wie z.B. in NRW § 108 Abs. 1 Nr. 8 GO NRW, vom Landesgesetzgeber nicht nachjustiert werden und die CSRD Anforderungen im HGB so verankert werden, werden viele kommunale Unternehmen ab dem 01.01.2025 weiterhin hinsichtlich der Berichtspflichten wie große Kapitalgesellschaften behandelt und fallen dann unter den Anwendungsbereich der CSRD. Sie sollten sich daher frühzeitig mit der CSRD und ihren Folgen auseinandersetzen.

 

Autoren:
Dr. Friedrich Gebert und Dr. Bernhard Gröhe

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