Was die Neuregelung des § 35 BauGB für die Energiewende bedeutet
Was die Neuregelung des § 35 BauGB für die Energiewende bedeutet
17. November 2025
Am 12.11.2025 hat der Ausschuss für Wirtschaft und Energie der EnWG-Novelle in veränderter Form zugestimmt und dabei auch eine Reform des § 35 Abs. 1 BauGB beschlossen (Beschlussempfehlung: hier). Der Bundestag hat das Gesetz in der Nacht zum 14.11.2025 direkt in der veränderten Fassung angenommen. Damit setzt der Bundestag einen wichtigen Impuls für den zügigen Ausbau von Energiespeichern. Batteriespeicher ab einer Speicherkapazität von 1 MWh gelten künftig als privilegierte Vorhaben im Außenbereich. Damit wird eine seit Jahren bestehende Rechtsunsicherheit beendet, die Genehmigungen verzögerte und den Ausbau dringend benötigter Speicherkapazitäten bremste.
Mit der nun verabschiedeten Reform wird der § 35 Abs. 1 BauGB unter anderem um Nr. 11 ergänzt, nach der im Außenbereich ein Bauvorhaben privilegiert wird, wenn es
„der Speicherung von elektrischer Energie in einer Batteriespeicheranlage mit einer Speicherkapazität von mindestens 1 Megawattstunde dient.“
Damit erhalten diese Anlagen eine eindeutige Rechtsbasis: Sie sind im Außenbereich grundsätzlich zulässig, sofern die Erschließung gesichert ist und keine entgegenstehenden öffentlichen Belange bestehen.
Bemerkenswert ist dabei die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen zusätzliche Standortvorgaben oder Flächenrestriktionen. Im Gegensatz zu z.B. privilegierten Solaranlagen im Außenbereich sind Batteriespeicher nicht an bestimmte Orte wie den 200m-Streifen entlang von Autobahnen gebunden. Die neue Regelung schafft damit bundesweit einheitliche, praxistaugliche Rahmenbedingungen – ein erheblicher Fortschritt für die Projektplanung.
Die bauplanungsrechtliche Einordnung von Batteriespeichern nach § 35 BauGB war bisher komplex. Bislang wurden Batteriespeicher regelmäßig unter § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB („Anlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dienen“) eingeordnet. Doch fehlte eine eindeutige gesetzliche Grundlage – mit spürbaren Folgen:
- uneinheitliche Behördenpraxis zwischen den Bundesländern,
- teils klare Vorgaben, Batteriespeicher nicht zu privilegieren,
- abgelehnte Bauvoranfragen und stockende Projektentwicklungen.
Während in vielen Bundesländern Batteriespeicher als privilegierte Vorhaben im Außenbereich im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB gelten, hatte z.B. in Sachsen-Anhalt das Ministerium für Infrastruktur und Digitales in einem Runderlass aus Januar 2025 die Privilegierung grundsätzlich verneint, da Batteriespeicher weder der öffentlichen Stromversorgung dienten noch ortsgebunden seien. Auch in Bayern haben die Landesbehörden mit neuen Vollzugshinweisen am 04.02.2025 entschieden, dass nur Batteriespeicher im Sinne von §§ 11a, 11b EnWG privilegiert sein konnten. Das waren nur wenige Batteriespeicher, die entweder nach § 11a EnWG ausgeschrieben werden oder nach § 11b EnWG vom Netzbetreiber selbst betrieben werden.
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BT-Drs. 21/2793, S. 188) bestätigt diese Problemlage ausdrücklich. Besonders das strenge Merkmal der „Ortsgebundenheit“ in § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB führte zu erheblichen Vollzugsunsicherheiten. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung musste hierfür muss das Vorhaben nach seinem Gegenstand und seinem Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden können (BVerwG, Urt. v. 16. 6. 1994, 4 C 20/93, m.w.N.). Hier hatten Behörden einen sehr großen Spielraum, oft zum Nachteil von Entwicklern und Betreibern von Batteriespeichern Zahlreiche Projekte scheiterten daher allein daran, dass Behörden den Betrieb eines Speichers „auch an anderen Orten“ für möglich hielten. Der Ausschuss hebt deshalb hervor, dass die Privilegierung eingeführt wurde, um „ein zügiges bauplanungsrechtliches Verfahren“ zu ermöglichen und den Ausbau dringend benötigter Speicher zu beschleunigen, um so die „Stabilisierung und Entlastung des Stromnetzes zu fördern“, da Batteriespeicher mit einer Speicherkapazität von über 1 MWh nur im Außenbereich möglich sind. Denn hierzu stellte der Ausschuss ausdrücklich heraus, dass Batteriespeicher typischerweise:
- in der Nähe von Umspannwerken oder Netzknotenpunkten errichtet werden müssen,
- große, zusammenhängende Flächen benötigen, die regelmäßig nur im Außenbereich verfügbar sind,
- für die Stabilisierung des Stromnetzes und die Integration erneuerbarer Energien unverzichtbar sind.
Die Privilegierung führt zu deutlichen Vorteilen für Entwickler und Betreiber von Batteriespeichern:
- Deutliche Verbesserung der Planungssicherheit: Klare bundesweit einheitlichen Regelungen ersetzen regionale Unterschiede und reduzieren Auslegungsspielräume.
- Schnellere Genehmigungsverfahren: Privilegierte Vorhaben benötigen keinen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplan – das senkt Kosten und beschleunigt Projekte.
- Standortklarheit durch technische Nähe zu Netzknoten: Speicher können dort errichtet werden, wo sie netztechnisch sinnvoll sind: In unmittelbarer Nähe zu Umspannwerken und Einspeisepunkten.
Entsprechend positiv sind auch die Reaktionen aus der Branche: So sieht der Bundesverband Solarwirtschaft eine zentrale Hürde für Batterie- und Wärmespeicher beseitigt. Und auch der Bundesverband Energiespeichersystem e.V. spricht vom Ende des „regulatorischen Flickenteppichs“ und betont den Beitrag der Neuregelung zu einem resilienten Energiesystem.
Mit der Privilegierung von Batteriespeichern ab 1 MWh schafft der Gesetzgeber nach Jahren der Rechtsunsicherheit erstmal eine klare, bundesweit einheitliche Grundlage für eine schnellere Planung, Genehmigung und Errichtung von Batteriespeichern. Für Entwickler und Betreiber von Batteriespeicher endet damit endlich der untragbare Zustand des ständigen Abwartens auf Entscheidungen der einzelnen Behörden, die je nach Bundesland und tatsächlicher Lage immer wieder anders ausgefallen ist.
Damit wird ein klares Zeichen gesetzt: Batteriespeicher sind unverzichtbar für ein flexibles, sicheres und klimaneutrales Energiesystem.
Autoren:
Bernhard Gröhe, Friedrich Gebert
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