DOJ veröffentlicht neue FCPA-Guidelines

12. Juni 2025

Paradigmenwechsel in der US-Korruptionsbekämpfung

Unternehmen aufgepasst – der FCPA soll neben der Bekämpfung organisierter Kriminalität auch verstärkt dem Schutz der nationalen Sicherheit der USA und dem Schutz von Geschäftsinteressen von US-Unternehmen dienen. Unternehmen, die einen geschäftlichen Bezug zu den USA aufweisen oder im Wettbewerb mit US-Unternehmen stehen, sollten die Neuerungen kennen und angemessene Compliance-Maßnahmen treffen.

Im Einzelnen: Das US-Justizministerium (DOJ) hat am 9. Juni 2025 grundlegend überarbeitete Richtlinien für die Durchsetzung des Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) veröffentlicht, die einen bedeutenden Wandel in der amerikanischen Korruptionsbekämpfung markieren. Die neuen Guidelines folgen auf eine 180-tägige Pause der FCPA-Durchsetzung, die durch Präsident Trumps Executive Order vom 10. Februar 2025 angeordnet wurde.

Grundlegende Neuausrichtung der FCPA-Durchsetzung

Die neuen Guidelines verfolgen zwei zentrale Ziele:

  • die Begrenzung “unzumutbarer Belastungen für amerikanische Unternehmen, die im Ausland tätig sind” und
  • die Ausrichtung von Durchsetzungsmaßnahmen “gegen Verhalten, das direkt die nationalen Interessen der USA untergräbt

Diese Neuausrichtung stellt einen deutlichen Bruch mit der bisherigen Praxis dar. Die Überarbeitung wird damit begründet, dass der FCPA seit seiner Verabschiedung 1977 “systematisch und in zunehmendem Maße über angemessene Grenzen hinaus gedehnt und auf eine Weise missbraucht wurde, die den Interessen der Vereinigten Staaten schadet”.

Die neuen Guidelines sollen sicherstellen, dass FCPA-Untersuchungen den US-Interessen dienen und nicht gegen amerikanische Unternehmen wegen “routinemäßiger Geschäftspraktiken in anderen Nationen” eingesetzt werden.

Vier Hauptkriterien für zukünftige Untersuchungen

Die Guidelines etablieren vier zentrale Bewertungskriterien für FCPA-Untersuchungen:

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Geänderte Verfahrensanforderungen und neue Prioritäten

Alle neuen FCPA-Untersuchungen müssen nun vom Assistant Attorney General für die Criminal Division oder einem höherrangigen Beamten genehmigt werden. Dies bedeutet eine erhebliche Zentralisierung der Entscheidungsbefugnis, die zuvor bei der Fraud Section und der FCPA Unit des DOJ lag.

Die Guidelines weisen Staatsanwälte explizit an, “Kollateralschäden” – wie die Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs von Unternehmen und Auswirkungen auf Mitarbeiter – fortdauernd während einer Untersuchung zu berücksichtigen – nicht erst in der Einigungs- bzw. Erledigungsphase.

Zudem soll berücksichtigt werden, wie wahrscheinlich es ist, dass ausländische Strafverfolgungsbehörden bereit und in der Lage sind, dasselbe Fehlverhalten zu untersuchen.

Geografische und sektorale Schwerpunkte

Die neuen Guidelines deuten auf eine verstärkte Fokussierung auf bestimmte Regionen und Sektoren hin. Besondere Aufmerksamkeit werden Regionen erhalten, in denen Kartelle und TCOs operieren, insbesondere in Lateinamerika.

Weitreichende Auswirkungen für ausländische Unternehmen

Entgegen erster Annahmen nach der Executive Order aus dem Februar ist der FCPA nicht „tot“. Die Guidelines sprechen vielmehr dafür, dass sich der Fokus insoweit verschiebt, als dass die Bekämpfung von Kartellen und kriminellen Organisationen, der Schutz der nationalen Sicherheit der USA und der Schutz von US-Unternehmen im Wettbewerb ins Zentrum rücken.

Auch wenn das DOJ in den neuen Guidelines betont, dass sich die Durchsetzung des FCPA “nicht auf bestimmte Personen oder Unternehmen aufgrund ihrer Nationalität konzentrieren” wird, implizieren die Guidelines stark, dass Nicht-US-Unternehmen weiterhin einen besonderen Fokus der FCPA-Durchsetzung bilden werden. Dies insbesondere, wenn sie in direkter Konkurrenz zu US-Unternehmen stehen. So betonen die Guidelines, dass “die eklatantesten Bestechungsschemata historisch von ausländischen Unternehmen begangen wurden” und die meisten bedeutenden Ermittlungsmaßnahmen gegen ausländische Unternehmen gerichtet waren.

Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang ausländische Unternehmen in Zukunft Ermittlungsmaßnahmen ausgesetzt sein werden.

Empfohlene Maßnahmen für Unternehmen

Unternehmen Bezug zum US-Markt bzw. die im Wettbewerb zu US-Unternehmen stehen sollten ihre Compliance-Programme entsprechend anpassen:

  • Risikobewertung überarbeiten:Besondere Aufmerksamkeit sollte Geschäftstätigkeiten in Regionen mit Kartell- und TCO-Präsenz gelten, insbesondere in Lateinamerika.
  • Sektorspezifische Due Diligence:Verstärkte Compliance-Maßnahmen in kritischen Sektoren wie Infrastruktur, Verteidigung und Rohstoffe. Zudem Implementierung angemessener Due-Diligence- und Dokumentations-Prozesse bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen der öffentlichen Hand.
  • Know-Your-Business Partner:Da jegliche Geschäftstätigkeit im Umfeld von durch die US-Behörden als kriminellen Organisation eingestuften Gruppierungen zu erheblichen Ermittlungs- und Sanktionsrisiken führen kann, sollten bestehende Prozesse zur Identifizierung und Überprüfung von Kunden und Geschäftspartnern regelmäßig und risikobasiert auf Angemessenheit überprüft werden. Ggf. ist risikobasiert ein Monitoring von Geschäftspartnern und Joint Ventures auf mögliche Verbindungen zu Kartellen oder TCOs zu implementieren.

Erhoffte Erleichterungen für Güterhändler aufgrund der EU-Geldwäscheverordnung betreffend die Geschäftspartnerprüfung könnten bei international tätigen Unternehmen durch die Neuausrichtung der FCPA Guidelines ins Leere laufen.

  • Kooperation mit US-Behörden:US-Unternehmen bzw. Unternehmen mit US-Tochtergesellschaften könnten – analog zur Vorgehensweise des DOJ im Kartellrecht – davon profitieren, wenn sie Informationen Geschäftsnachteile offenlegen, die sie durch Wettbewerber erlitten haben, die in Bestechungshandlungen verstrickt sind.
  • Frühwarnsysteme:Monitoring von Geschäftspartnern und Joint Ventures auf mögliche Verbindungen zu Kartellen oder TCOs.

Für weitere Informationen steht Ihnen das ARQIS Compliance-Team jederzeit zur Verfügung.

 

Autor:
Christian Judis

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