HR.Law

Betriebsratswahl: Briefwahl nur als Ausnahme – sonst drohen Anfechtung und Unwirksamkeit

03. Oktober 2022

Rechtzeitig zu den derzeit in ganz Deutschland stattfinden Betriebsratswahlen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am gestrigen 16. März 2022 eine wichtige Entscheidung in Bezug auf die Durchführung per Briefwahl getroffen (7 ABR 29/20, PM: Bundesarbeitsgericht). Danach gilt:

  • Eine Betriebsratswahl ist unwirksam, wenn sie für alle Arbeitnehmer als Briefwahl durchgeführt wird, ohne dass die Voraussetzungen des § 24 WO erfüllt sind.

Das LAG Niedersachsen (03.09.2020, 4 TaBV 45/19) hatte dazu bereits in der Vorinstanz ausgeführt:

  • Die Briefwahl steht nicht im Belieben des Wahlvorstands.
  • Sie ist an die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 WO gebunden.
  • Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, ihre Stimme persönlich abzugeben, haben das individuelle Recht zur Briefwahl.
  • Die Anordnung einer generellen Briefwahl zur Erreichung des Ziels einer möglichst umfassenden Wahlbeteiligung der am Wahltag verhinderten Arbeitnehmer ist nicht erforderlich.

Nach § 24 WO sind Briefwahlen nur in folgenden Fällen zulässig:

  • Auf Anforderung des Wahlberechtigten, wenn dieser im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben.
  • Ohne Aufforderung, wenn Wahlberechtigte
    • nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses im Zeitpunkt der Wahl nicht im Betrieb sind (z.B. Außendienst, Telearbeit) oder
    • aus anderen Gründen nicht im Betrieb sind, insbesondere bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Arbeitsunfähigkeit.
    • Für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind.

Weitere Ausnahmen sind – auch mit Blick auf die Corona-Pandemie – nicht vorgesehen. Sollte der Wahlvorstand gleichwohl eine allgemeine Briefwahl vorsehen, führt dies zur Anfechtbarkeit der Wahl.

In diesem Fall sind die Vorgaben des § 19 BetrVG zu beachten:

  • Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber.
  • Die Anfechtung muss binnen einer Frist von zwei Wochen ab der Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgen.

Autorin: Lisa-Marie Niklas

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